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Nürnberger Lehrerinnen und Lehrer zur Einführung der PCR-Pooltests

Nichts verstanden, Herr Minister?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

gestern sagte mir ein Kollege, er hätte es wirklich nicht für möglich gehalten, dass es noch schlimmer kommen könnte. Das ging wohl nicht wenigen Beteiligten so, auf allen Ebenen von Schule und Schulorganisation.

Der Schulstart verlief so wie die gesamte zurückliegende Periode. Die Hoffnung auf Änderung war bereits zerschlagen, nachdem sie ausgesprochen war. Dazu ein Statement von uns Nürnberger Lehrerinnen und Lehrern.

“Neue Normalität” so gab der Kultusminister in der Pressekonferenz aus, würde das neue Schuljahr bringen und den guten Ratschlag, die Schüler erstmal ankommen zu lassen.

Ist das, was wir jetzt erleben müssen die “neue Normalität”, Herr Minister?
Ja, Pooltests haben wir gefordert. Vor circa einem Jahr wurden sie erfolgreich an mehreren Erlanger Schulen erprobt. Oft haben wir nachgefragt, da diese Methode als sicherer galt und einfacher für die Schüler in der Handhabung. “Nicht zugelassen...”war die Antwort über Monate.
Jetzt kommen sie- in Lichtgeschwindigkeit? (Gleichzeitig stehen noch tausende von Selbsttests in den Schulen.)

Aus dem Zeitplan zitiert:
Am 13. 09. ergeht ein 29-seitiges Skript zum Ablauf der PCR-Pooltestungen, samt Zeitplan für die digitale Erfassung der Daten an die Schulen. Bis 17.09. soll das vorbereitende Prozedere erledigt sein. Am 20.09. ist Starttermin, samt Aufklärung und Erklärung der Eltern und Schüler, Organisation vor Ort, Einholen der Einverständniserklärungen, Einarbeiten der Rückläufe in die Software.
Jedem, der die tatsächlichen Voraussetzungen an Grund- und Förderschulen kennt, wird bereits an dieser Stelle klar: Das kann nicht gehen.

Und: Dem KM gelingt es nicht, die Voraussetzungen des eigenen Zeitplans zu erfüllen. Die Software funktioniert nicht und ist bis heute nicht freigeschaltet. Abgesehen davon, muss man die Fragen stellen, warum nicht bereits vor den Ferien der Plan zu diesem Vorgehen erstellt und an die Schulen publiziert wurde, warum die entsprechenden Materialien und die Software nicht bereits fertiggestellt sind.
Unmut, Verzweiflung, Wut, Verunsicherung auf allen Seiten, auch bei Eltern, resultieren aus der vom Kultusministerium erneut den Schulen aufgeladenen Überfrachtung, die jetzt wieder auf den Schultern der Schulverwaltungen lastet. Der Verwaltungsaufwand ist enorm – mit leichter Feder wurde verfügt, dass die tägliche Dateneingabe bis 10.00 Uhr zu erfolgen hat. Abgesehen von zwingend notwendigen täglichen schulischen Abläufen, die dem entgegenstehen, fehlen bislang schlicht und ergreifend die Dienstgeräte bei den Lehrkräften zur Dateneingabe. Handschriftlich werden folglich Listen an das Sekretariat weitergereicht werden müssen, wo in den meisten Fällen die Verwaltungsangestellte unter enormen zeitlichen Druck die Datenmeldung vornehmen muss. Eigentlich anstehende Arbeiten werden liegen bleiben müssen.

Das neuerliche Versagen im Hinblick auf Kommunikation, funktionierende Software und Überfrachtung der Schulen, das Ignorieren der Experten vor Ort, die ganz einfach strukturell nicht mal ansatzweise in die Lage versetzt werden, diese Anweisungen umzusetzen, sind umso dramatischer, vor der ohnehin skandalös wegretuschierten Situation des Lehrermangels:

Nürnberg, September 2021

Vorkurs weg, Ganztagsstunden gekürzt, externe Lehrkräfte von niemanden eingearbeitet, zusätzliches Personal, das von den Schulen zu akquirieren ist (und das es in
der benötigten Quantität gar nicht gibt), und on top wird verfügt, dass die die Schulen auch noch die Verantwortung für die Organisation des Impfens bekommen.

Wie, sehr geehrter Herr Minister, soll es da denn gelingen, dass unsere Schülerinnen und Schüler erstmal „entspannt ankommen“? In der von Ihnen verursachten Hektik und Unruhe?

Ist das die “Neue Normalität”? Lassen Sie sich im Namen der Nürnberger Lehrerinnen und Lehrer klar gesagt sein: Unsere neue Realität ist das nicht!

So wollen und so können wir nicht an unseren Schulen tätig sein, so werden wir unserem Auftrag nicht gerecht.

Wir fordern Sie wiederholt auf, sprechen Sie mit den Experten vor Ort, bevor Maßnahmen eingeleitet werden, kommunizieren Sie anschließend rechtzeitig. Nur so haben wir mit den ohnehin schweren Rahmenbedingungen überhaupt eine Chance.

Sandra Schäfer
1. Vorsitzende

TV Interviews des NLLV:

NLLV nach der Pressekonferenz des KM am 10.09.21

www.frankenfernsehen.tv/mediathek/video/vor-dem-schulstart-naechste-woche-konzept-mit-luecken/

NLLV im BR am 14.09.21

www.br.de/mediathek/video/frankenschau-aktuell-14092021-so-lief-der-schulstart-in-franken-hilfe-fuer-azubis-in-der-pflege-demo-fuer-hallenbad-av:610aa24bfc07590007bdcb6b