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Nürnberger Lehrerzeitung Nr. 1 März 2022

Doch!

In einer Zeit wie dieser ist Orientierung ein wichtiges Thema. Vorbilder, an denen man sich orientieren kann, die Halt geben kön­nen. Doch wo sind sie, diese Vorbilder?

Es ist nicht einfach, sich zu orientieren, gerade jetzt. Besonders in unserem beruflichen Erleben im Schulalltag erfahren wir Realitäten, die nichts mit dem gemein haben, was politisch postuliert wird. Und nichts mit dem gemein haben, was unser Ideal des Lehrerberufs ist, weswegen wir diesen Beruf gewählt haben und gerne machen.

Immer wieder spricht man davon, wie wichtig Bildung für unser aller Zukunft ist. Ja. Nur erleben wir nicht, dass sich diese Relevanz auch in der Praxis niederschlägt.

Dringend nötige Prozesse scheitern an Rahmenbedingungen, grundlegende struktu­relle Probleme verzögern Umsetzungen, läh­men. Werden wir tatsächlich die Gesellschaft sein, die „Alles wusste, aber nichts tat?“, wie Roger Willemsen es in seiner Zukunftsrede be­schrieb?

Der Lehrermangel nimmt stetig zu. Es sei auch hier noch einmal klar gesagt, auch ohne Corona wären wir da angelangt, die Prognosen waren eindeutig. Nicht zuletzt die Einführung des Arbeitszeitkontos an Grundschulen offen­ bart dies. Weitere Probleme wurden seit Jahren nicht gelöst, z.B. der immer wiederkehrende Schweinezyklus. Und für die meisten Struktur­probleme gibt es bis heute nicht einmal einen Ansatz zur Lösung. Wir erleben, dass man zö­gerlich wagt, diese zu benennen. Von Lösen sind wir weit entfernt.

So ist es einfacher, den Lehrermangel zu leugnen, die Mittelschule weiter ausbluten zu lassen und die Gleichwertigkeit der Lehrämter weiterhin nicht anzuerkennen. Dies alles führt zum allbekannten Phänomen, welches bei den Pflegekräften in dem Bild des Balkon-Applaus mündete, in unserem Bereich ist es das Bild des inzwischen Brechreiz hervorrufenden per­ manenten Danks an die Schulen. Heuchlerisch wirkt das, angesichts der ausbleibenden Taten.