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NLLV(Un)-Ruheständler

Zeil (oder Zell?) am Main

Wie die fallenden Blätter gehört zum Oktober eine Weinfahrt – zumindest für die NLLV-„Un“-Ruheständler. Da eine geplante Museumsführung in Schweinfurt ausfiel, erfolgte die „ausschlaffreundliche“ Abfahrt erst um 10.30.

Dadurch waren aber alle angemeldeten Pensionisten sehr zeitig da. Es fehlte aber erst der Bus, da der ortsunkundige Busfahrer Probleme hatte, Unterführungen zu finden, die hoch genug für seinen Bus waren.

Dafür staunte man dann nach dem Losfahren, als er nicht die A73 nahm, sondern auf die A3 einbog. Es stellte sich heraus, dass er in sein Navi nicht Zeil, sondern Zell am Main eingegeben hatte. Weil aber das Wetter schön war, und wir letztendlich noch zeitig genug in Zeil ankamen, nahmen wir den Umweg als angenehme Herbstrundfahrt in Kauf.

Zeil fiel gleich beim Aussteigen als hübsches Städtchen mit vielen Fachwerkhäusern auf. Wir begaben uns direkt ins Lokal zum Mittagessen – in einer Brauereigaststätte war dieses bei einer Weinfahrt natürlich ein echter Kontrast.
Gleich zwei Stadtführer warteten danach, um uns in zwei Gruppen das Städtchen, einstmals quasi als westlicher Vorposten zum Hochstift Bamberg gehörend, näherzubringen.

Von unserem Führer, einem ehemaligen Polizisten mit zweijähriger Dienstzeit auch in Nürnberg, erfuhren wir als erstes, dass im 17. Jahrhundert nirgendwo in Deutschland so viele Hexenverbrennungen erfolgten wie in dem kleinen Städtchen Zeil, mehr als 400, ca. ein Drittel davon Männer – so viele, dass sich irgendwann sogar Holzknappheit einstellte. In Kombination mit Pest und Kämpfen im 30jährigen Krieg sank die Bevölkerungszahl auf ein Drittel.

Die Brauerei, in der wir gegessen hatten, besitzt einen großen Saal für ca. 1000 Gäste, wodurch in den sechziger Jahren die Elite der deutschen Musiker dort auftraten, zumal man auch eine passende Begleitband stellen konnte. 

Die Hauptkirche hat einen besonderen Turm mit einer pyramidenförmigen Spitze, umgeben von vier kleineren solchen Spitzen – als Erinnerung an die vier Türme des Bamberger Doms. Neben der Kirche steht eine Kapelle, deren Untergeschoss einst ein Beinhaus beherbergte; im 2. Weltkrieg wurden die Gebeine umgebettet und der Raum als Luftschutzkeller genutzt.
Unser Führer, hatte noch viele solche Geschichten auf Lager und wir lernten Zeil recht gut kennen.

Danach aber ging es in den Vorort Zeilanger zum Weingut Schick, wo uns die junge Winzerin zur deftigen Brotzeit fünf ihrer – sehr gut trinkbaren – Weine servierte und erklärte. Dadurch gut gesättigt und wohlig weinselig traten wir den – jetzt auf der richtigen Autobahn viel kürzeren – Heimweg an.

Erich Hübel