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Der NLLV trauert um Margit Heidecker

Zum Tode von Margit Heidecker - Ehrenvorsitzende und Urgestein des NLLV

Am Neujahrstag verstarb Margit Heidecker in ihrem 96. Lebensjahr.

Bis zuletzt geistig fit nahm sie noch am Verbandsleben teil, besuchte noch im letzten Jahr die Präsenzveranstaltungen der Fachgruppe Pensionisten und hielt dort im Frühjahr 2021 ein beeindruckendes Referat zur Nachkriegsgeschichte in Nürnberg. Ihren Sitz im Bezirksausschuss des NLLV pflegte sie durch Anwesenheit bei den Sitzungen im Lehrerhaus und meldete sich auch dort zu Wort, nie besserwisserisch, sondern immer an der Sache orientiert und mit dem ihr eigenen Humor.

Beeindruckend, wie sie selbst in hohem Alter mit den neuen Medien agierte. Die Süddeutsche Zeitung las sie täglich auf ihrem I-Pad, durch Mails tauschte sie sich regelmäßig mit ihren Wegbegleitern im NLLV aus.

Sie genoss, zuletzt an Weihnachten, die regelmäßigen Besuche der 1. Vorsitzenden des NLLV, Sandra Schäfer, bei vielen dieser Besuche in Begleitung von dem Ehrenvorsitzenden Manfred Schreiner, dem 2. Vorsitzenden Arthur Eichner und weiteren Mitstreitern.

An diesen Treffen in ihrer Wohnung ging es nie um altersbedingte Einschränkungen, vielmehr stand die aktuelle Politik, das Verbandsleben und historische Ereignisse im Mittelpunkt der Gespräche. Somit trug dieser regelmäßige Austausch mit der Ehrenvorsitzenden Margit Heidecker immer aktiv zur Arbeit im NLLV bei.

Margit Heidecker, 1949 in den NLLV eingetreten, war von Anfang an ein Motor für die Gleichberechtigung der Frauen in Verband und Beruf. Wenige Jahre nach Margit Heideckers Eintritt in den BLLV kam der alte BLV zu seinem zweiten L im Verbandsnamen, da er mit dem Lehrerinnenverein fusionierte. „Das zweite L auf ewig“ forderten die damaligen Lehrerinnen im Verband, dazu die Installierung einer einflussreichen Frauengruppe zur Durchsetzung der „weiblichen Belange“ in Verband und Beruf und einen ständigen Sitz im Präsidium für eine Frau.

Margit Heidecker war zusammen mit der damaligen 2. Vorsitzenden des NLLV, Lotte Glück, in dieser Frauengruppe aktiv, formulierte damals als Ziel die Auflösung der Frauengruppe zu dem Zeitpunkt der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Lehrern und Lehrerinnen. Mit analytischem Scharfsinn erkannte Margit Heidecker von Anfang an Chancen und Gefahren dieses ausschließlich für Frauen offenen Verbandsgremiums; Chance für die Frauen zur Artikulation ihrer Forderungen, aber auch Gefahr, in eine Art “Spielwiese” geschickt zu werden.

1971 war es dann soweit: Die Frauengruppe löste sich selbst auf und die Frauen drängten in Ämter, die bisher Männer wie selbstverständlich für sich beanspruchten.

Wenn heute in den Beschlussgremien des NLLV ganz selbstverständlich die Mehrheit der Mitglieder weiblich ist, so ist dies zuallererst Margit Heidecker zu verdanken. Sie gehört zu den erfolgreichen Vorkämpferinnen für die Emanzipation der Frauen im Verband.

Dabei war sie keineswegs eine verbiesterte, männerfeindliche Aktivistin, sondern setzte ihre Ziele mit Charme, Chuzpe und Witz durch. Stets ging es immer um das Wesentliche, so zum Beispiel die „Öffnung der Funktionsstellen für Frauen also Rektorin, Schulrätin und Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung zur Kindererziehung“ und viele weitere Punkte.

Ihre Verbands- und Schullaufbahn ist einmalig:

  • 1947 mit Sondergenehmigung als evangelische Frau Ausbildung an der Lehrerbildungsanstalt für katholische Männer in Eichstätt,
  • 1950 zweite Lehramtsprüfung und dann begeisterte und begeisternde Oberstufenlehrerin und über Jahre hinweg nebenamtlich an der Musikschule Nürnberg,
  • 1963 – lange vor Einführung des 9. Schuljahres – tätig in den Aufbauzügen zum Erwerb der mittleren Reife an der Volkschule, dann wieder Oberstufenlehrerin in Nürnberg,
  • Von 1974 bis 1986 im Vorstand des örtlichen Personalrats.

Von den vielen Ämtern in den Verbänden hier nur die Wichtigsten:

  • 1974 dritte Vorsitzende des NLLV, de facto wegen krankheitsbedingter Auszeiten des 1. und 2. Vorsitzenden jedoch Chefin des NLLV.
  • Um die NLLV-Spitze zu verjüngen, verzichtete sie 1976 auf die ihr angetragene Kandidatur zur 1. Vorsitzenden und lockte stattdessen Manfred Schreiner, damals hauptamtlicher Hochschulreferent im BLLV, von München nach Nürnberg. Auf diesen Schachzug war sie besonders stolz und betonte stets, wie herausragend Schreiners Rolle für die weitere Entwicklung des NLLV war. Sie unterstützte ihn zusammen mit Siegfried Kroll uneigennützig als Stellvertreterin und Geschäftsführerin.
  • Kometenhafter Aufstieg im BLLV: 1978 Schriftführerin im Landesvorstand, 1984 bis 1990 Vizepräsidentin, in dieser Funktion zahlreiche Ämter auf nationaler und internationaler Ebene, aber auch weiterhin aktiv in Nürnberg, so zum Beispiel von 1974 bis 2005 im Ausschuss des Vereins Lehrerheim.
  • Was die wenigsten noch wissen: 1948 gründete sie mit dem Leiter der Schulabteilung bei der Regierung von Mittelfranken, Adolf Salffner, das Schullandheimwerk Mittelfranken, bis heute mit Sitz neben dem NLLV Büro.

Aber was waren die Quellen ihrer unermüdlichen Kraft? Einerseits ihre eigene Lebensgeschichte und ihre Familie. Obwohl selbst Junggesellin, bildete sie die Mitte der großen Familie, mit ihren Geschwistern sowie deren Familien, Nichten und Neffen und genoss andererseits die Eingebundenheit in dieser großen familiären Gemeinschaft. Entspannung fand sie bei klassischer Musik, in einem Buch und aktiv als Pianistin. Das sah man auch in Ihrem Wohnzimmer: Ihr Flügel, die Bücher, das IPad und das Telefon bestimmten das Bild dieser wachen, klugen und starken Persönlichkeit.

Der NLLV wird Margit Heidecker im Frühjahr an ihrem Wirkungsort im Lehrerhaus in einer gesonderten Gedenkveranstaltung würdigen.

Sandra Schäfer, 1. Vorsitzende des NLLV
Manfred Schreiner, Ehrenvorsitzender